Auf den ersten Blick scheint die Branche der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Buchführung eine klassische Männerdomäne zu sein. Dieser Annahme widersprechen jedoch die Zahlen des Statistik-Portals statista, wonach etwa im Jahr 2009 der Frauenanteil in dieser Branche bei 66 Prozent lag. Dieser Trend dürfte sich trotz eines wachsenden Wettbewerbs rund um Steuerberatungsdienstleistungen in den kommenden Jahren sogar noch verstärken.
Dafür sprechen vor allem zwei Gründe: Zum einen handelt es sich bei der Steuerberatung in Deutschland und Österreich um einen klassischen Kammerberuf, für den strenge Zugangsvoraussetzungen gelten. Die Steuerberaterprüfung - Grundvoraussetzung, um Steuerberater werden zu können - gilt als äußerst schwierig, da weniger als die Hälfte der Interessenten die Prüfung überhaupt bestehen. Wie das Bundesfamilienministerium festgestellt hat, haben junge Frauen in Deutschland inzwischen ein höheres Bildungsniveau, sodass sie auch leichter Zugang zu "komplexen" Berufen erhalten können.
Zudem handelt es sich bei etwa 70 Prozent der deutschlandweit mehr als 500.000 Steuerberatungskanzleien um Einzelpraxen. Steuerberaterinnen, die nach der Babypause wieder in den Beruf zurückkehren wollen, haben also gute Chancen, Familie und Beruf mit der eigenen Kanzlei in Einklang zu bringen. Das gilt umso mehr, als der Trend ohnehin zu Netzwerken geht, in denen in Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Buchhaltern weitere Dienstleistungen als nur die reine steuerliche Beratung angeboten werden können.
Steuerberatung: Ein breit gefächertes Berufsbild. Coaching, Gesprächstherapie und Lebenshilfe.
Das Aufgabenfeld der Steuerberatung ist sehr viel breiter gefächert, als Arbeitnehmer vielleicht meinen, die den Service nur in Anspruch nehmen, wenn es darum geht, die jährliche Steuererklärung anzufertigen und beim zuständigen Finanzamt abzugeben. Denn grundsätzlich sind die Steuer-Experten vielmehr Berater in allen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen.
Für angehende Unternehmer etwa sitzen die ersten Ansprechpartner für die beabsichtigte Existenzgründung oft in der Steuer-Kanzlei. Diese prüfen das Konzept der jungen Unternehmer auf Herz und Nieren und versuchen auch, die Erfolgschancen der Unternehmung einzuschätzen. Die Prüfung aller Unterlagen durch eine Steuerberatung ist teilweise sogar eine Grundvoraussetzung, etwa wenn sich Gründer aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen oder staatliche Zuschüsse für ihr Vorhaben in Anspruch nehmen wollen.
Darüber hinaus begleiten viele Kanzleien ihre Kunden durch das komplette Steuerjahr. Beispielsweise übernehmen sie häufig die Finanzbuchhaltung, die Lohnbuchhaltung und stellen den Jahresabschluss zusammen. Auch die Kommunikation mit dem Finanzamt wird häufig über die Kanzlei abgewickelt, sodass deren Mitarbeiter die Steuervertretung ihres Mandanten gegenüber der Behörde übernehmen. Darüber hinaus können Berater und Beraterinnen als Aufsichtsrat tätig sein oder vormundschaftliche sowie treuhänderische Aufgaben übernehmen. Das Aufgabenfeld umfasst aber auch Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung, Insolvenzverwaltung sowie die klassische Unternehmens- und Rating-Beratung.
Wichtige Prinzipien des Berufsbildes. Unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung.
Berater und Beraterinnen schulden ihrer Mandanten und Mandantinnen eine umfassende und vor allem korrekte Beratung. Vor allem sind sie außerdem dazu verpflichtet, ihre Mandantschaft möglichst vor Schaden zu bewahren. Weil sich in einem Schadensfall sogar rechtliche Ansprüche der Auftraggeber gegenüber der Kanzlei ergeben können, müssen diese eine Haftpflichtversicherung abschließen. Dafür gelten in Deutschland folgende Richtlinien: Jeder Versicherungsfall muss mit einer Schadenssumme von mindestens 250.000 Euro abgesichert sein; sofern der selbstständige Berater oder die Kanzlei eine Jahreshöchstleistung mit der Versicherung vereinbart hat, muss diese mindestens eine Höhe von einer Million Euro betragen.
Dass der selbstständige Berater oder die Kanzlei korrekt arbeitet, wird von der Steuerberaterkammer überwacht, die auch ein Verzeichnis über alle bundesweit tätigen Berater und Beraterinnen führt. Diese ist unter anderem für die Bestellung der Berater zuständig, kann die Zulassung aber auch widerrufen, wenn das Pflichtmitglied der Kammer seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt. Eine Ausnahme gilt für Berater aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Diese dürfen ihre Mandanten und Mandantinnen vorübergehend gegenüber dem deutschen Fiskus vertreten, sofern sie keine Niederlassung in Deutschland haben. In diesem Fall müssen sie jedoch unter der ausländischen Berufsbezeichnung auftreten. Der Grund: Sowohl der Mandant als auch die Finanzbeamten müssen erkennen können, dass der Berater oder die Beraterin nicht nach deutschem Recht qualifiziert ist. Sofern Kanzleien aus anderen EU-Staaten eine Niederlassung in Deutschland eröffnen wollen, müssen sie ihre Qualifikation in Form einer Eignungsprüfung nachweisen.
Wo gibt es die meisten Beraterinnen und gibt es Einkommensunterschiede?
Die Steuerberatung zählt zu den klassischen Dienstleistungen, die sich vor allem in den wachstumsstarken Ballungsräumen Deutschlands angesiedelt hat. Im großstädtischen Umfeld ist auch der Anteil an weiblichen Beratern oder Mitarbeiterinnen in größeren Kanzleien höher als im ländlichen Raum, wo der Bedarf an einer Steuerberatung meist geringer ist. Auch wenn inzwischen mehr Frauen als Männer in dieser Branche arbeiten, gibt es dennoch deutliche Gehaltsunterschiede. So hat das Statistische Bundesamt ermittelt, dass Frauen in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung im Schnitt um 47 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.
Ein Berufsbild im Wandel. Rat & Tat statt Digitalisierung & Automatisierung
Ein Beruf in der Steuerberatung verspricht den Mitarbeiterinnen eine relativ krisensichere Existenz, was sich auch daran zeigt, dass sich die Zahl der Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften in den letzten beiden Jahren im Schnitt um 2,5 Prozent erhöht hat. Jedoch dürften die klassischen Aufgaben - auch im Hinblick auf die zunehmende Globalisierung - eher in den Hintergrund treten. Neue Geschäftsfelder dürften sich hingegen vor allem im Feld der klassischen Gestaltungsberatung ergeben.
Quellen
- de.statista.com
- www.bmfsfj.de
- www.beruf-steuerberater.de/zukunft-zukunftsaussichten/
- www.beruf-steuerberater.de/arbeitsmarkt-arbeitgeber/
- www.bstbk.de
- www.steuerberaterkammer-muenchen.de
- de.wikipedia.org/wiki/Steuerberater
- de.wikipedia.org/wiki/Steuerberaterkammer
- www.stb-web.de
- www.destatis.de